Mit zunehmender Wichtigkeit des Internets ist im Laufe der Zeit auch der Anteil der Werbung auf dieser Plattform deutlich gestiegen. Sie bietet für Unternehmen diverse Vorteile, kann sie doch gut personalisiert und damit zielgruppengenau ausgerichtet werden. Mit Analysetools lässt sich außerdem die Wirksamkeit solcher Werbung im gewissen Rahmen messen. Zudem handelt es sich um eine sehr kostengünstige Werbeart. Leider ist Internetwerbung aber auch mit vielen Nachteilen und Risiken verbunden. Sie sorgt für einen höheren Energieverbrauch und kostet den Endverbraucher neben Zeit und Nerven deshalb auch bares Geld. Außerdem ist dieses Werbemedium sehr anfällig. Es bietet Hackern die Möglichkeit, Viren und Trojaner in großem Stil zu verbreiten.
„Ich würde das Internet sogar schon als klassische Werbeform bezeichnen.“
Christian-André Weinberger, österreichischer Unternehmer
Warum überhaupt Internetwerbung?
Unzählige Nutzer besuchen jeden Tag Internetseiten weltweit. Sie lesen aktuelle Nachrichten und Beiträge, recherchieren oder kommunizieren in den Sozialen Medien. Nur die wenigsten machen sich dabei Gedanken darüber, wie viel Arbeit und Zeit in seriösen und gut recherchierten Inhalten steckt. Leider ist das Betreiben von Internetseiten zudem meist mit Kosten verbunden. Man kann eine Webseite natürlich selbst erstellen, wenn man die Zeit dazu hat. Bei wenigen, statischen Inhalten und kleinen Besucherzahlen kann man die Seite sogar komplett kostenlos betreiben. Für Projekte mit größeren Datenmengen, die ständigen Erweiterungen und Veränderungen unterworfen sind (Wikis, Blogs etc.), muss man in der Regel Hardware, Datenbanken und Speicherplatz bei einem Webhoster für monatliche Gebühren anmieten.
Eigentlich ist es also völlig verständlich, wenn die Betreiber auf ihren Webseiten Werbung zur Refinanzierung schalten. Es spricht ja auch nichts gegen einzelne seriöse Anzeigen, die thematisch zum Inhalt passen und die Aufmerksamkeit nicht vom eigentlichen Beitrag ablenken. Die Realität sieht aber leider anders aus, denn …
Online-Werbung nervt!
Dies ist nicht nur eine vage These. 2015 gab es eine Studie des Online-Vermarkterkreises (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Diese ergab, dass 21,49 % der Internetnutzer einen Werbeblocker verwenden. Welch ein Skandal! Das Gejammer ist natürlich groß. Der Schaden für die digitale Wirtschaft sei enorm. Man befürchtet sogar schon das Ende des freien Internets.
Sieht man sich jedoch die Kommentare unter diesem Artikel an, wird schnell klar: Die Leute sind genervt. Unzählige über die Webseite verteilte Anzeigen und Banner, plötzlich startende Videos oder gar Pop-ups sind einfach unerträglich. Eine Umfrage von Rakuten Marketing Anfang 2020 lässt sogar darauf schließen, dass den Verbrauchern dadurch die Lust am Shoppen vergeht. Bei 29 % der Befragten ließ sich eine Konsummüdigkeit feststellen, Tendenz steigend.
Größtes Problem: In der Vielzahl der Fälle hat die angezeigte Werbung mit dem eigentlichen Webseiteninhalt nichts zu tun. Teilweise unterbricht sie den Lesefluss oder verdeckt gar einen Teil der eigentlichen Seite. Manche Pop-ups werden mit Absicht verspätet nachgeladen – eine besonders fiese Unart. Erscheinen sie zufällig gerade dann, wenn man einen Link o. Ä. anklickt, erwischt man eben nicht diesen, sondern die Werbung. Das ist besonders gefährlich, wenn es sich um einen Kauflink handelt oder man auf einer nachgemachten oder verseuchten Werbeseite landet.
Die unterschätzte Gefahr der Webanzeigen
Was viele Internetnutzer nicht wissen oder verdrängen: Internetwerbung kann richtig gefährlich werden. Inzwischen machen sich Cyberkriminelle nämlich die typischen Verteilwege zunutze. Darüber können sie Computer, Smartphones, Tablets und Smart-TVs auf der ganzen Welt mit Schadsoftware infiltrieren. Wer sich arglos jedwede Werbung im Netz anzeigen lässt, läuft nicht nur Gefahr, wichtige Dateien unwiederbringlich zu verlieren. Viren können das System so beschädigen, dass teure Reparaturen, zeitaufwendige Neuinstallationen oder gar Neukäufe nötig werden. Im schlimmsten Fall kann es sogar zum Identitätsdiebstahl kommen. Anmeldungen und Passwörter lassen sich über Trojaner ausspionieren. Und sind Onlinekonten erst einmal gehackt, kann der Übeltäter alles Mögliche damit anstellen (mehr hierzu findet sich im Quellenartikel des SecurityInsider).
Aus dem Bekanntenkreis kann ich hier von einem echten Fall berichten. Alles begann mit dem Besuchen der Seite eines bekannten Möbelhauses. Beim Nachladen der Werbung erschien plötzlich eine an den Windows-Defender angelehnte Meldung (ähnlich der im Bild oben). Angeblich sei über eine kürzlich besuchte Seite ein Virus auf das System gelangt, worauf dieses zur eigenen Sicherheit blockiert wurde und nun wieder entsperrt werden müsste. Die Meldung ließ sich nicht schließen und der Browser war nicht mehr bedienbar. Vom Herunterfahren oder Neustarten wurde eindringlich abgeraten. Deshalb rief meine Bekannte tatsächlich leichtfertig die eingeblendete Nummer an. Dort forderte man sie zur Überweisung einer größeren Summe für eine angebliche Spezialsoftware auf. Sie war zum Ziel eines sogenannten Browser-Hijack-Angriffs geworden. Die Sache ging zum Glück glimpflich aus, denn ich konnte das blockierende Fenster auf dem harten Weg über den Task-Manager abschießen. Ein anschließender Virenscan zeigte, dass das System keineswegs infiziert war.
Dieses Beispiel macht deutlich, was allein über die Einblendung von Werbung möglich ist. Mit bösartiger Software lassen sich Einstellungen ändern und z. B. unerwünschte und schädliche Pop-ups einblenden, andere Startseiten festlegen und Suchanfragen auf gefährliche Webseiten umleiten. Auf keinen Fall sollten Werbeanzeigen angeklickt werden, selbst wenn sie von bekannten, seriösen Unternehmen zu stammen scheinen. Landet man auf einer nachgemachten, virenverseuchten Webseite, kann auch mit einem sofortigen Schließen des Browsers der Befall nicht mehr verhindert werden.
Auch Internetwerbung ist Ressourcenverschwendung
Man hört immer wieder, dass die digitale Werbung ressourcenschonender ist als die analoge. Sie verschwendet kein Papier, keine Druckmaterialien, kein Benzin für den Transport… Energie wird trotzdem in rauen Mengen verpulvert. Zunächst benötigt jedes Werbevideo, jedes Pop-up, jedes Banner Speicherplatz auf riesigen Serverfarmen. Besonders fatal sind die personalisierten Werbeanzeigen, die auch noch Daten sammeln und auswerten. Nicht umsonst spricht man hier von Big Data. Aber nicht nur der Speicherbedarf ist immens, auch die Analysen der enormen Datenmengen fordern die Hardware extrem. Die Großrechner in den Rechenzentren laufen rund um die Uhr und müssen ständig gekühlt werden, um nicht zu überhitzen. Das kostet Unmengen an Strom und sorgt durch hohen CO2-Ausstoß auch für zusätzliche Umweltverschmutzung (siehe hier). Gerade bei Werbung und damit verbundener Datensammlung besteht ein enormes Einsparpotenzial. Diese zum größten Teil sinnlos verschwendeten Ressourcen sollten für wichtigere Zwecke eingesetzt werden.
Was viele nicht wissen: Die Einblendung von Werbung verbraucht auch zusätzliche Energie am heimischen Gerät. Die ganzen flackernden Anzeigen und Clips müssen erst einmal geladen und dargestellt werden. Das betrifft nicht nur den Standardbrowser am PC, auch über Smartphone und Streaming-Media-Adapter gelangt Werbung zum Verbraucher. Ältere und langsamere Geräte werden dadurch extrem ausgebremst. Außerdem verursacht Werbung beim Endverbraucher zusätzliche Kosten – sei es an Kilowattstunden Strom oder an Datenvolumen auf dem Smartphone – und das vollkommen überflüssig, denn wer geht schon ins Internet mit dem Vorsatz, sich Werbung anzusehen. Da viele Arbeitsplätze heutzutage auch Internetrecherchen beinhalten, sind nicht nur Privathaushalte, sondern auch Firmen von diesen unnötigen Zusatzkosten betroffen.
Noch unfairer als andere Werbeformen
Werbung ist im Allgemeinen ziemlich unfair. Nur große und bekannte Unternehmen können sich wirklich teure und langfristige Werbekampagnen leisten. Unbekannte, junge Firmen, die neuere und u. U. sogar bessere Produkte anbieten, können nicht mithalten und gehen zu Unrecht in der Masse unter. Im Netz ist diese Unfairness in beide Richtungen zu spüren. Große bekannte Websites verdienen sich mit den platzierten Anzeigen eine goldene Nase, denn für solche Werbeplätze werden teilweise sehr hohe Summen geboten. Kleine private Webseiten können ihre Kosten dagegen meist nicht einmal decken, wenn sie übermäßig viel Werbung anzeigen.
Bei der digitalen Recherche fällt im Vergleich zur analogen eine weitere Übervorteilung auf. Wenn man sich umfangreich zu einem Thema beliest, wird man im Netz mit wesentlich mehr Werbung als in Zeitungen und Zeitschriften bombardiert. In nur einem einzigen längeren Beitrag können schon einmal vier oder fünf Werbeanzeigen enthalten sein. In den Quellen (siehe unten) finden sich hierfür schöne Beispiele. Selbst wenn man sich mehrere Artikel auf der gleichen Seite anschaut, summiert sich das rasch immer weiter auf. Das Verhältnis von relevanten Informationen zu Reklame ist in den Printmedien deutlich besser, da nicht an jedem Zeitungsartikel eine oder sogar mehrere Werbeanzeigen hängen. Wenn man in Büchern recherchiert, kommt man sogar ganz um unnötige Anzeigen herum.
Geld für nichts
Am meisten nerven bei umfangreichen Recherchen aber die Webseiten, die man sozusagen als „Beifang“ erwischt. Gemeint sind Fundstellen, die in der Suchmaschine zunächst laut Textauszug nützlich erscheinen, aber letztendlich keinerlei Informationen bieten und nur aufhalten. Sicher seid ihr auch schon auf solche eigentlich völlig überflüssigen Seiten gestoßen. Wenn es gut kommt, enthalten sie kopierten Text aus Wikipedia oder anderen freien Quellen. Manchmal wird aber auch nur ein Hinweis angezeigt, dass aktuell noch keine Informationen zum Thema hinterlegt sind. Gewürzt ist dies alles mit jeder Menge Werbung, womit die Intention ziemlich klar ist. Die Betreiber wollen Geld einnehmen, ohne wirklich etwas dafür zu tun. Schon durch das reine Einblenden der Anzeigen hat man unnützen Websites Werbeeinnahmen geschenkt. Besonders übel ist dieses Gebaren, wenn Texte aus offenen, werbefreien Quellen wiederverwendet werden.
Hier bieten Werbeblocker unschätzbare Vorteile. Sie geben dem Nutzer die Freiheit, für sich selbst zu entscheiden, welche der besuchten Seiten er mit Werbeeinnahmen unterstützen will. Für qualitativ hochwertige und sehr nützliche Seiten kann man den Blocker nämlich jederzeit mit nur einem Klick abschalten.
Datensammlung durch Personalisierung
Je persönlicher die Werbung sein soll, desto besser muss man den Verbraucher kennen: seine Vorlieben, seine Liquidität, seinen Wohnort usw. Voraussetzung für personalisierte Anzeigen ist also eine umfangreiche Datensammlung. Und diese wird schon seit Jahren rege praktiziert. Ob man mit Kreditkarte einkauft, in sozialen Medien aktiv ist oder Streaming-Dienste nutzt – überall gibt man Informationen über sich preis. Man hinterlässt sozusagen seinen digitalen Fingerabdruck. Ganz deutlich wird es bei Facebook, denn hier wird die angezeigte Werbung standardmäßig auf die eigenen Interessen zugeschnitten. Die Personalisierung lässt sich deaktivieren, die Werbung verschwindet jedoch nicht, sondern ist dann nur allgemeiner und weniger relevant.
Zur Datensammlung später mehr in einem weiteren Artikel. Hier aber schon einmal dringend der Aufruf an alle Leser: Sagt nein zu personalisierter Werbung! Sie ist nicht passender und auch nicht weniger nervig als unpersonalisierte und hat eigentlich nur zusätzliche Nachteile. Laut der britischen Datenschutzbehörde verstoßen die derzeit praktizierten Echtzeitauktionen zur Verteilung personalisierter Werbung gegen die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung). Untragbar ist auch die bereits oben erwähnte zusätzliche Ressourcenverschwendung für die Sammlung, Verwaltung und Analyse von Unmengen an Nutzerdaten rein zu Werbezwecken.
Fazit
Am Ende des eingangs verlinkten Artikels der Absatzwirtschaft heißt es: „Man könnte die hohe Rate [an Adblocker-Nutzern] freilich auch als Arbeitsauftrag interpretieren, Internetwerbung zu gestalten, die Nutzer nicht so sehr nervt, dass sie zu Adblocker-Software greifen.“ Die Herausforderung des Content-Marketing ist es heutzutage, die Werbung thematisch an den jeweiligen Seiteninhalt anzupassen. Mit weiterführenden Informationen kann man z. B. neue Interessen wecken. Auch Unterhaltungsangebote helfen dabei. So kann man den Nutzer auf subtile Art ans gewünschte Ziel führen. Ein Beispiel dafür ist der Webauftritt der Baumarktkette Hornbach. Das Angebot geht hier weit über die reine Produktanpreisung hinaus. Es beinhaltet zusätzliche Praxistipps und Heimwerkervideos, die auch über andere Plattformen wie YouTube aufgerufen werden können. So lässt sich leicht ein größerer Personenkreis erreichen.
Spezialisierte und ausgewählte Werbung, die direkt auf die jeweilige Seite zugeschnitten ist, verursacht erst einmal Aufwand. Diesen sollte man als Webseitenbetreiber aber nicht scheuen, denn diese Werbung wird als weniger nervend empfunden. Sie ist außerdem auf Sicherheit geprüft und damit ungefährlicher für den Internetnutzer, da Hacker eher die automatischen Verteiler attackieren. Außerdem wird die Umwelt durch eine geringere Serverbelastung geschont, denn die Anzeige kann direkt abgerufen werden. Es erfolgt keine zufällige Auswahl aus einem Pool, womöglich noch mit einem Profilabgleich zur Personalisierung und der Speicherung von Nutzerdaten.
Wenn sich ein Großteil der Internetseiten für ein solches Vorgehen entscheiden würde, könnte man auf unerwünschte Filterprogramme weitgehend verzichten. Bis dahin kann es aber nur eine Empfehlung geben: Wer Zeit und Energie sparen, die Umwelt weniger belasten und sich vor Bedrohungen effektiv schützen will, der sollte nicht ohne aktiven Werbeblocker surfen.
Weiterführende Links
Internetwerbung Teil 2: Das Wettrüsten im Netz
Tutorial: In wenigen Schritten zum werbefreien Internet
„Schatz, die Werbung wird schon wieder durch einen Film unterbrochen“
Briefkasten oder Werbekasten, das ist hier die Frage
Quellen
Marketing Börse – Artikel zur Studie von Rakuten Marketing zum Thema Onlinewerbung
Verlag Werben & Verkaufen (W&V) – Konsummüdigkeit durch Onlinewerbung
SecurityInsider – Artikel über Malware, die mittels Onlinewerbung verbreitet wird
DerStandard – Wie klimaschädlich ist das Internet?
Heise – Artikel zur DSVGO-widrigen Werbepraxis im Netz
Wikipedia – Eintrag zum Programmatic Advertising
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