Der eigene Briefkasten soll primär dem Empfang von persönlicher Post und abonnierten Zeitungen oder Zeitschriften dienen. Inzwischen ist dies leider zur Nebensache geworden, denn Werbetreibende missbrauchen ihn als Schleuse, um Direktwerbung in gedruckter Form an den potenziellen Kunden zu bringen. Das betrifft nicht nur Privathaushalte, auch Firmen, Schulen, Behörden, etc. Jeder, der einen Briefkasten nutzt, muss sich mit diesem ständigen Ärgernis auseinandersetzen.
Beispiellose Verschwendung von Ressourcen
Täglich werden massenweise Prospekte, Kataloge, Flyer, Visitenkarten und ähnliche Werbeträger gedruckt und versendet. Dabei ist allgemein bekannt, dass der größte Teil dieser unerwünschten Post sofort ungelesen im Müll landet. Für einen geringen Erfolg bei wenigen Adressaten werden Unmengen an Papier und Plastik, Chemikalien und Energie für die Produktion sowie Treibstoff für den Transport der Werbeladungen verschwendet. Laut einer Untersuchung des Unternehmens CAYA (Digitalisierer von Briefpost) von 2018 landen jährlich 1,9 Millionen Tonnen Werbung in deutschen Briefkästen. D. h. jeder Deutsche erhält durchschnittlich 46 kg an Postwurfsendungen im Jahr. Um das Werbematerial für ganz Deutschland zu produzieren, müssen etwa 3 Millionen Bäume gefällt werden. Der Herstellungsprozess verschlingt 3,85 Millionen Kilowattstunden Strom (das entspricht dem Jahresverbrauch von etwa 1750 Haushalten) und 15 Milliarden Litern Wasser (der Jahresverbrauch von etwa 30.000 Menschen). Außerdem werden 1,08 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt (wie bei 390 Flügen um den Äquator mit einem voll ausgelasteten Airbus A320).
Sperrvermerke helfen weiter
Ob ein Aufkleber mit der Aufschrift „Bitte keine Werbung“ wirklich einen Baum rettet, wie die Initiative „Mach’s grün“ behauptet, sei mal dahingestellt. Die Werbeflut kann damit aber zumindest ein wenig verringert werden. Wenn ein Werbetreibender diesen Hinweis ignoriert, verstößt er gegen § 7 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), da es sich hierbei um eine „unzumutbare Belästigung“ handelt. Es spielt dabei keine Rolle, wie dieser Aufkleber aussieht. Es muss nur eindeutig zum Ausdruck kommen, dass der Besitzer keine Briefkastenwerbung wünscht.
Wichtig: Im Sperrvermerk „Werbung“ sind kostenlose Zeitungen mit Werbebeilagen und ähnliche Postwurfsendungen, die auch redaktionelle Inhalte haben, nicht enthalten. Um auch diese auszuschließen, sollte man die Formulierung ergänzen auf: „Bitte keine Werbung oder kostenlose Zeitungen“. Genauer ist beim Sperrvermerk immer besser. Man kann sogar bestimmte Werbeformen oder Anbieter explizit zulassen oder ablehnen und sich einen Filter für den eigenen Briefkasten einrichten.
Ein Nebeneffekt solcher Sperrvermerke ist, dass auch politischen Parteien der Einwurf von Wahlwerbung untersagt ist. Sollten trotzdem entsprechende Flugblätter oder Prospekte im Briefkasten landen, empfiehlt sich ein Anschreiben an den Bezirks- oder Landesverband der entsprechenden Partei mit der unmissverständlichen Aufforderung, weitere Werbeeinwürfe in Zukunft zu unterlassen.
Persönliche Anschreiben, die große Ausnahme
Leider gibt es trotzdem noch einige Schlupflöcher. So sind persönlich adressierte Werbebriefe weiterhin zulässig, da der Postbote nicht erkennen kann, ob es sich dabei um Werbung handelt. Aber auch hier kann man sich wehren. Zunächst einmal wäre da die sogenannte Robinson-Liste des Deutschen Dialogmarketingverbandes e.V. (DDV) zu nennen. Ein Eintrag in dieser Liste führt zu einer Streichung der eigenen Adresse aus den Datensammlungen aller im DDV organisierten Unternehmen. Es ist möglich, Werbung generell oder nur für bestimmte angegebene Angebotsbereiche abzulehnen. Außerdem können die eigenen Telefonnummern und E-Mail-Adressen angegeben werden, um die Flut an Werbeanrufen und Spams zu verringern. Der Eintrag kann sowohl online als auch per Post erfolgen. Mehr Informationen dazu finden sich hier.
Schwieriger wird es mit Firmen, die nicht Mitglied des DDV sind. Hier muss der Adressat selbst aktiv werden und dem Absender mitteilen, dass er die Zusendung von Werbematerial unterlassen soll. Dazu sollte am besten ein Einschreiben mit Rückschein verwendet werden. Wenn auch weiterhin Werbebriefe im Briefkasten landen – und seien es auch nur an das gesamte Haus adressierte – riskiert die betreffende Firma nach Artikel 21 Absatz 2 Datenschutz-Grundverordnung ein Bußgeld (Ansprechpartner hierfür ist die Datenschutzbehörde des Bundeslandes, in dem die Firma ihren Hauptsitz hat).
Ergänzung vom 02.08.2020: Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein rät angesichts gestiegener Beschwerden wegen Werbepost aktuell dazu, die unbestellten Briefe direkt mit dem Vermerk „Unfrei zurück an Absender! Unverlangte Sendung!“ zurückzuschicken. Da der Werbetreibende die Kosten für solche Rücksendungen übernehmen muss, stellen die betreffenden Firmen diese Werbebriefe meist schnell ein.
Werbepost effektiv vorbeugen
Der beste Schutz gegen persönlich adressierte Werbung ist Datensparsamkeit bei jedem Kontakt mit Firmen und ein konsequenter Widerspruch gegen die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck von Direktwerbung. Auf vielen Bestell-/Vertragsseiten im Internet muss dazu nur ein entsprechender Haken gesetzt oder entfernt werden. Ansonsten hilft auch die Angabe eines entsprechenden Passus z. B. in Bemerkungsfeldern. Wenn wirklich keine Möglichkeit standardmäßig vorgesehen ist, müssen auch nachträglich versendete Widersprüche akzeptiert werden. Die Verbraucherzentrale empfiehlt folgende Formulierung:
„Ich widerspreche der Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten zum Zweck der Direktwerbung (Artikel 21 Absatz 2 Datenschutz-Grundverordnung).“
Das hier Gesagte gilt übrigens nicht nur für Firmen und Webseitenbetreiber. Auch öffentliche Stellen wie das Einwohnermeldeamt geben ohne einen expliziten Widerspruch Daten zu Werbezwecken ungefragt weiter.
Komplett werbefreie Briefkästen sind aktuell undenkbar
Eine weitere Unsitte, der man mit einem Sperrvermerk nicht Herr werden kann, sind Werbebeilagen in abonnierten Zeitungen und Zeitschriften. Natürlich kann dem Postboten ein Aussortieren vor Ort nicht zugemutet werden. Völlig unverständlich ist für mich allerdings, dass laut aktueller Rechtsprechung ein Verzicht auf Beilagenwerbung von bestellten Zeitungen und Zeitschriften nicht erwartet werden kann. Es ist also vollkommen legitim, vom Abonnenten Geld zu verlangen und ihn dann trotzdem noch mit Werbung zu nerven. Aber dem ganzen Thema Printmedien werde ich mich später in einem eigenen Beitrag widmen.
Ergänzung vom 12.11.2019: Zum Abschluss möchte ich noch auf eine laufende Petition der Aktion „Letzte Werbung“ aufmerksam machen. Sie hat eine Umstellung des aktuellen Systems zum Ziel, sodass Briefkastenwerbung nicht mehr explizit abgelehnt werden muss (Opt-out). Vielmehr soll sie nur noch auf ausdrücklichen Wunsch (Opt-in) z. B. durch Anbringen eines Aufklebers „Werbung, ja bitte“ zugestellt werden. In Amsterdam ist eine derartige Gesetzesänderung bereits im Januar 2018 eingeführt worden, und das System funktioniert so gut, dass einige andere Städte in den Niederlanden es ebenfalls übernehmen wollen. Vorteil wäre, dass eine Zustellung gegen den Willen des Briefkasteninhabers härter bestraft werden könnte. Die Versendung von Werbung würde insgesamt zurückgefahren und Deutschland könnte auf einen Schlag 14 % des privaten Papiermüllaufkommens einsparen (hochgerechnet von den Amsterdamer Werten von ca. 66.000 Müllabfuhren zu je 12 Tonnen).
Weiterführende Links
„Schatz, die Werbung wird schon wieder durch einen Film unterbrochen“
Internetwerbung Teil 1: Warum niemand ohne Werbeblocker surfen sollte
Juraforum – Was tun bei unerwünschter Werbung? Wie kann man sich zur Wehr setzen und sie stoppen? – Informationen, die über Briefkastenwerbung hinausgehen
Quellen
Verbraucherzentrale – Ansprechpartner auch bei renitenten Firmen, die trotz Sperrvermerks/Widerspruchs weiterhin Werbung zusenden
Werbung im Briefkasten – hier besteht auch die Möglichkeit zur Abbestellung einzelner Anzeigenblätter über ein Formular
Robinson-Liste – hier können Postanschriften, Telefonnummern und E-Mail-Adressen für Direktwerbung (von im DDV organisierten Firmen) blockiert werden
Aktion „Letzte Werbung“ – aktuell (Ende 2019) mit der o.g. Petition für ein Opt-in-System bei Briefkastenwerbung
Web.de – So werden Sie unerwünschte Werbebriefe los
Initiative „Mach’s grün“
Fibers in Process – Weltweite Werbepost-Studie: So viele Tonnen Werbung landen noch im Briefkasten
Initiative2000plus – Umrechnung Bäume -> Papier
Antworten